Bill Viola - a 25 year survey exhibiton in frankfurt "the city of the euro" a.m.

Stefan Schreck


Wenn eigentlich alles gesagt und alles geschrieben ist, und dennoch etwas gesagt werden will, dann muss sich der folgende Text als persönliche Anmerkung in Stichworten verstehen. Enstanden im Zug von Franfurt am Main nach Berlin, nach der Ausstellung
Bill Viola: Werke aus 25 Jahren 5. Februar bis 25. April 1999
Orte:

Museum für Moderne Kunst
Rathaus Römer
Dominikanerkloster
Deutsche Börse
Schirn Kunsthalle


Eine Prozession in 8 Akten

1. The crossing, 1996

Simultanprojektion von zwei Seiten. Ein Mann kommt näher. Slow Motion. Verheißungsvolle Erwartung. Stillstand.
Seite 1: Wasser tröpfelt auf qeinen Kopf, wird zum tosenden Strom.
Seite 2: Feuer züngelt an seinen Füßen, wird zur Brunst.
Auf der einen Seite vom Wasser, auf der anderen vom Feuer ausgelöscht. Ruhe. Loop. Kinder haben vor dem herannahenden Menschen Angst, wie einst Kinobesucher vor Lumières Zug. Ist Video Kino?

2. He weeps for you, 1976

Ein Tropfen Wasser entweicht einem schmalen Rohr.
Endless. Eine Videokamera projiziert ihn vergrößert auf die Wand. Der Beobachter wird von der Kamera erfaßt und vom Wassertropfen in die Projektion eingeschlossen. Erkennen. Der Tropfen schwillt an, fällt. Die darunterliegende Trommel erzeugt einen dröhnenden Knall. Kurzes Innehalten. Sofort aber bildet sich der nächste Tropfen. Repetition.

3. Tape 1, 1972

Ein Spiegel, eine Kamera, ein Monitor. Ein Mann betritt den Raum. Setzt sich auf den Stuhl zwischen Linse und Spiegel. Sichtbar ist sein gespiegeltes Portrait. Der Rest wird verdeckt. Einswerden. Objekt des Gesehenen, die Videoaufnahme und der Moment des Sehens verschmelzen.
Der Mann fokussiert konzentriert sein Spiegelbild und den Betrachter. Ein unvermittelter Schrei. Alles zerbricht. Der Mann steht auf. Schaltet den Videorecorder aus. Dunkelheit und Ruhe.

4. Slowly Turning Narrative, 1992

Ein Spiegel dreht sich auf einer Längsachse mitten im Raum. Projektion von zwei gegenüberliegenden Seiten. Das Gesicht des Künstlers - Schwarz/Weiß. Erinnerungen, Flashbacks, Gesichter - Farbe. Kurze Augenblicke sind Bild und Geschichte und Anwesenheit kongruent. Dann löst es sich auf. Flirrende Reflexionen von allen Seiten. Der Ton: Zustände des Seins. Repetetiv. Monoton. Bilder im Spiegel gesehen - auch sich selbst.

5. Angels gate, 1989

Einzelne Bildsequenzen aneinandergereiht. Jedes Motiv durch eine lange schwarze Sequenz unterbrochen. Fade away.
Kerzenlicht.
Obst.
Familienphotos.
Ein Mann im Bett.
Ohnmacht und Zuschreibung. Er läßt geschehen.
Letztes Bild: Giving birth: „ There is your baby".

6. The Greeting, 1995

Zwei Frauen auf der Straße. Sie reden vertraut. Eine dritte kommt dazu, hochschwanger. Wendet sich der älteren zu. Umarmt sie. Flüster ihr ins Ohr: „I need help. I need to talk to you." Lacht dabei. 45 Sekunden eigentlich. 10 Minuten wirklich. Oder anders herum?
Wehende Tücher. Schwebende Hände. Gefrorenes Lächeln.

7. Reasons for knocking at an empty house, 1982

Ein hölzerner Stuhl. Mit Kopfhörern. Real im Raum. Davor ein Monitor. Ein Mann schaut bemüht. Nicht ganz bei sich. Nimmt ein Schluck Wasser. Stimmengewirr, Atmen, Körpergeräusche aus dem Inneren auf dem Kopfhörer. Alles fließt. Ein Schatten nährt sich von hinten. Ein heftiger Schlag auf den Kopf des Mannes folgt. Auf dem Kopfhörer wird es schlagartig stumm. Für Sekunden. Kurzes Verharren. Dann geht es weiter. Der nächste Schlag folgt - bestimmt.

8. Tiny death, 1993

Drei großflächige Videoprojektionen. Dunkler Raum. Kurzes Aufleuchten von menschlichen Silhouetten. Dazu Stimmengewirr. Überhelle Projektion einer Person. Löst sich auf in pures Licht. Alles andere wird überstrahlt und erlischt. Wechsel. Nächste Person. Auftauchen. Aufleuchten. Erlöschen.

 

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